Lernen Hilfe anzunehmen, ohne Gegenleistung

Als Mensch mit Behinderung ist man deutlich häufiger auf Hilfe angewiesen als ohne körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung. Gerade wenn die Umgebung nicht den internationalen Standards der Barrierefreiheit entspricht, kommt es schnell vor, dass man ohne Unterstützung nicht weiter kommt.

Wie geht man mit diesem Fakt um?

Klar ist, dass dauerhaft dafür gesorgt werden muss, die Barrierefreiheit deutlich auszubauen, um vielen Menschen ein möglichst selbstständiges Leben zu ermöglichen. Doch man wird trotzdem immer wieder vor Situationen gestellt werden, wo es ohne fremde Hilfe nicht weiter geht.

Ich dachte für mich immer, ich habe kein Problem damit Hilfe anzunehmen,
da es mir inzwischen nicht mehr schwer fällt, Menschen um Hilfe zu bitten. Schließlich habe ich mir die Behinderung nicht ausgesucht.

Doch ganz so einfach ist es leider nicht.

Ich bekomme praktisch Hilfe ohne Gegenleistung.
Zu akzeptieren, dass diese notwendig und somit in dieser Form auch gerechtfertigt ist,
ist nicht einfach.

Dabei schwingt bei mir unterbewusst immer eine gewisse Angst mit, abgewiesen zu werden. So tue ich mich schwer, Anderen meine ehrliche Meinung zu sagen,
um nicht undankbar zu erscheinen und somit hilflos zu werden. Ein von klein an trainierter Mechanismus aufgrund mangelnder Barrierefreiheit, der jedoch extrem schädlich sein kann. Wenn ich mich aus Angst nicht traue, anderen Paroli zu bieten, kann sich das eigene Selbstbewusstsein nicht entwickeln.
Dabei muss man sich klar sein, dass man die Gedanken und das Handeln des Gegenübers weniger beeinflussen kann als gedacht.
Deshalb darf niemals der Fehler gemacht werden, sich der anderen Person aus Hilfsbedürftigkeit zu unterwerfen. Eine Abweisung kann immer vorkommen, ist jedoch selten persönlich gemeint. Die Wahrung der nötigen Distanz ist nach vielen negativen Erfahrungen sicherlich schwierig, jedoch zwingend notwendig, um sein Selbstwertgefühl nicht in Mitleidenschaft zu ziehen.

Es ist wichtig die eigene Persönlichkeit von der Hilfsbedürftigkeit zu trennen.
Ich werde wie viele Andere immer im gewissen Maße auf Hilfe angewiesen sein.
Dieser Fakt darf jedoch keine Auswirkungen auf das eigene Verhalten haben.
Etwas Grundvertrauen ist damit sicherlich notwendig.
Doch wenn man dieses einmal bekommen hat, macht es stark und Selbstbewusst und es ist deutlich gesünder, als sein ganzes Leben Schuldgefühle zu entwickeln, oder sich ständig zu verstellen.